FAUST SONNENGESANG: WIE MAN DEN FAUST-STOFF IN UNSER JETZT ÜBERSETZEN KANN…
„Seit über fünfzehn Jahren beschäftige ich mich mit der Frage, wie man den Faust-Stoff in unser Jetzt übersetzen kann.
Aber dies befriedigte mich letztlich nicht genug, weil es in die Vergangenheit schaute – statt der Gegenwart, geschweige der Zukunft, ins Auge. Es erschien mir wichtig, diesen Stoff, der ein Archiv ist, in das Goethe die Essenz Tausender Bücher einfließen ließ, in unser Jetzt zu übersetzen. Ins Jetzt zu übersetzen bedeutet für mich, einen historischen Stoff nicht philologisch, sondern poetisch in unsere Zeit zu übersetzen: das heißt ihn neu zu formulieren mit der eigenen Sprache und zu fermentieren mit dem eigenen Erleben.“ (Die Alchemie der Utopie: S.169)
DAS VERBINDENDE ZWISCHEN DEN MENSCHEN ZU STÄRKEN…
„Die hinter dieser vollkommen neu gedachten Faust-Frage stehende Vision müsste eigentlich alle Menschen angehen, die Kinder haben, die schöpferisch oder die sozial durch ihre Tätigkeit das Verbindende zwischen den Menschen zu stärken suchen statt das Trennende. Denn die Gefahr, dass wir unser aller Zukunft, aber auch über dreißigtausend Jahre kultureller Tradition aufs Spiel setzen, ist einfach zu groß.“ (Die Alchemie der Utopie: S.171)
ICH HOFFE MIT DEM ENTWURF FAUST SONNENGESANG, KÜNSTLER ZU INSPIRIEREN, AN DIESEM PROJEKT TEILZUNEHMEN, EIN NETZ ZU WIRKEN…
„Ich hoffe, Lektoren, Redakteure, Dramaturgen, Intendanten, Festivalleiter, Museumsdirektoren, Journalisten zu stimulieren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten dem Projekt – in Gestalt jeweils für die Situation kompatibler Form und Sendelänge – Raum und Resonanz zu verschaffen, ich hoffe, in jungen Menschen den Impuls hervorzurufen, bei der immensen Recherche und technischen Sicherung des Materials mitzuhelfen und ich hoffe auch darauf, dass der eine oder andere zumindest durch Sympathie und Synergie dieser Vision helfen möge.“ (Die Alchemie der Utopie: S. 171)
NATALITÄT NANNTE DIE GROSSE JÜDISCHE PHILOSOPHIN HANNAH ARENDT DIE KUNST, …
„Natalität nannte die große jüdische Philosophin Hannah Arendt die Kunst, der vorhersehbaren, furchtbaren Mechanik der Geschichte Not-Wendendes entgegenzusetzen, zum Beispiel die Kunst, neu anzufangen oder ganz anders weiter zu machen und die Logik der Vernichtung dadurch auszuhebeln.“ (Die Alchemie der Utopie: S.171)
GLÜCKLICH DIE VÖLKER, DIE DEN ANFANG ALS GOTT PRIESEN, SAGT PLATON…
„FAUST SONNENGESANG ist ein Werk aus lauter Anfängen.
Die Cheopspyramide, das Gilgamesch-Epos, Homer, Sappho, Sophokles, Dante, Goethe, Eisenstein, Chaplin sind eigentlich nur mehr zu modifizieren, nicht mehr zu übertreffen – aber es geht auch nicht ums Übertreffen, sondern darum, diesen Fundus an Wissen ins Jetzt zu übersetzen.
Hier wird Dauer durch Jetzt-Gehalt kreiert.“ (Die Alchemie der Utopie: S.172)
NICHT DIE WELT IST AM ENDE, NUR EINE FORM DES DENKES…
„FAUST SONNENGESANG ist der Anfang eines Anfangs, Schöpfung zu übersetzen in ein Jetzt, zu dem man sagt: Verweile doch, du bist so schön.“ (Die Alchemie der Utopie: S172)
FAUST ÖFFNEN…
„Bildlich gesprochen und wörtlich genommen: Faust, der deutsche Mythos schlechthin, gleicht einer in sich geschlossenen Hand. Faust Sonnengesang ist der Versuch, diese Hand zu öffnen: von unserer deutschen Kultur aus Kontakt aufzunehmen zu allen fünf Kontinenten – ohne die Wurzeln zu verleugnen.“ (Die Alchemie der Utopie: S. 173)
WAS WIR BEI GESCHLOSSENEN AUGEN SEHEN…
„Während die meisten Filme das zeigen, was wir mit offenen Augen sehen, zeigt FAUST SONNENGESANG in Gestalt eines Filmgedichts das, was wir bei geschlossenen Augen sehen.“ (Die Alchemie der Utopie: S.173)
VERWEILE DOCH, DU BIST SO SCHÖN…
„Der Konflikt dieses Filmgedichtes besteht zwischen Bildern, die zeigen, wie die Apokalypse sich in unser Jetzt frisst – ein mehrfach überlagertes Amalgam aus den Katastrophenbildern, die uns umgeben – als kurzer Kontrapunkt zu Bildern aus Augenblicken, zu denen man sagt Verweile doch, du bist so schön. Jeder geglückte Augenblick stiftet Erinnerung an frühere glückliche Augenblicke und es bildet sich eine zeitaufhebende Annäherung an den ewigen Augenblick.“ (Die Alchemie der Utopie: S.174)
IN GESTALT VON TOTENGESPRÄCHEN VIELE BEGEGNUNGEN GEBEN: VON LAOTSE ÜBER GOETHE BIS HIN ZU JOSEPH BEUYS…
„Auf dieser Ebene ist es möglich, an bestimmten Orten den jeweiligen Kulturen zu begegnen, d.h. deren Weisheit in eine poetische Sprache zu übersetzen, die unserer Zeit etwas bedeutet. FAUST SONNENGESANG setzt gegen die Zeit – aber für das Jetzt – die Alchemie der Utopie, die seit Ernst Bloch niemand mehr zu denken wagte. Auf dieser Arche, in diesem Archiv soll es in Gestalt von Totengesprächen viele Begegnungen geben: von Laotse über Goethe bis hin zu Joseph Beuys.“ (Die Alchemie der Utopie: S.174)
IN GESTALT EINER POLYMEDIALEN INSTALLATION…
„FAUST SONNENGESANG will den Faust-Mythos auf eine neue Stufe zu heben. Unsere Zeit ist nicht zuletzt durch den Verlust des kulturellen Gedächtnisses gefährdet. Darüber hinaus wird unsere Wahrnehmung immer stärker zersplittert. Aus diesem Grund möchte FAUST SONNENGESANG den Menschen unserer Zeit auf verschiedenen Wegen (Medien) entgegenkommen: und zwar in Gestalt dieser polymedialen Installation.“ (Die Alchemie der Utopie: S.174)
KURZE, ABER MASSIVE KONTRAPUNKTE…
„Das Paradies liegt, sagt Friedrich Nietzsche, im Schatten des Schwertes: Dergestalt werden die Bilder in FAUST SONNENGESANG – als kurze, aber massive Kontrapunkte- mit Bildern des Cocktails aus Krieg, Katastrophen und Gewalt, der uns ständig ins Bewusstsein dringt, in Kollision gebracht. Die Welt, so wie sie uns im Brennspiegel der schlechten Nachrichten erscheint, raubt uns die Hoffnung (dass der Weltenlauf, über die Generation unserer Kinder hinaus, ein gutes Ende nimmt, also Göttliche Komödie statt Teuflische Tragödie wird).“ (Die Alchemie der Utopie: S. 175)
DEM BRENNENDEN BUCH DES JETZT BILDER UNSERES LEBENS, UNSERES KULTURELLEN GEDÄCHTNISSES, BILDER UNSERER TRÄUME VOM GOLDENEN ZEITALTER – UND SEI ES DER KINDHEIT – ENTGEGENSETZEN…
„FAUST SONNENGESANG ist von der Vision beflügelt, diesen Bildern und Worten aus dem brennenden Buch des Jetzt Bilder unseres Lebens, unseres kulturellen Gedächtnisses, ja Bilder unserer Träume vom Goldenen Zeitalter – und sei es der Kindheit – entgegenzusetzen.“ (Die Alchemie der Utopie: S.175)
WIE IM IRDISCHEN PARADIES, LOKALISIERT AUF DEM GIPFEL DES LÄUTERUNGSBERGES IN DANTES GÖTTLICHER KOMÖDIE, FLIESSEN AUCH IN FAUST SONNENGESANG ZWEI FLÜSSE: …
„Der Fluss Lethe, der ins Meer des Vergessens mündet (all des müßigen Geredes rings um und der zerstörerischen Bilder in uns), und der Fluss Eunoe, der das Gedächtnis der guten Taten und der glücklichen Augenblicke unseres Lebens und die lebens- und welterhaltenden Träume der Menschheit – heraufruft.
FAUST SONNENGESANG setzt da an, wo Goethes Faust aufhört.“ (Die Alchemie der Utopie: S.175)
RUND UM DIE WELT AUFGENOMMEN ORIGINALSOUNDS…
„Die Musik wird eine eigenständige Rolle bekommen. Sie wird sich zusammensetzen aus rund um die Welt aufgenommenen Originalsounds, die im Studio mit Musik und Textelementen kombiniert werden.“ (Die Alchemie der Utopie: S.179)
DIE ZEIT ALS MESSER, DAS DAS JETZT VOM JENSEITS TRENNT, WIRD AUFGEHOBEN SEIN…
„Die polymediale Installation FAUST SONNENGESANG soll helfen, ein Theater des Jetzt, also die Zukunftsperpektive einer Göttlichen Komödie in den Raum zu stellen: Die Zeit als Messer, das das Jetzt vom Jenseits trennt, wird aufgehoben sein. Die Zeit im Theater des Jetzt gehorcht den Gesetzen des Traums. Durch die visionäre Kraft des Traums ist das Jetzt als heiliger Augenblick allein zu verewigen, dem Tod Kinder, dem absurden Sein Sinn, der Apokalypse Auferstehung entgegenzusetzen…“ (Die Alchemie der Utopie: S.182)
AUS DER ZUKUNFT VERSTEHEN: DIE DIMENSION DES JETZT…
„Writing the News of the Now
Aus der Zukunft verstehen: die Dimension des Jetzt.
Zurück zu dem Punkt, wo es falsch gelaufen ist.
Da muss man, fürchte ich, in so vielen, vielen Fällen weit zurück, ewig weit zurück!
Ins Paradies zurück: der Sündenfall I vor dem sogenannten Sündenfall ist ja die Degradierung der Frau als Adamsrippe durch den Gott der Theologie, der Sündenfall II vor dem sogenannten Sündenfall: die Eineindeutigkeit des Verbots…
Spaltung ist eine Haupterscheinungsform der Sünde, weltweit.“ (Die Alchemie der Utopie: S.183)
UMWERTUNG DES WORTES KLIMAWANDEL…
„Es geht um eine Umwertung des Wortes Klimawandel. Dem Klimawandel, der etwas Ungutes ist, müssen wir einen Wandel des Klimas)) zwischen Menschen entgegensetzen. Die Bedeutung umpolen.“ (Die Alchemie der Utopie: S. 184)
ANGST MACHT DAS HERZ HART…
„Die Poesie ist der Versuch, Sprache im Kern nicht zu spalten, sondern nur die Strahlen des schöpferisch erweiterten Sinnspektrums aus dem Kern hervorbrechen zu lassen…
Angst macht das Herz hart. (…)
Dass dieses Moment auch das Gegen-Moment in der Kultur braucht: dass sich Geister transnational kurzschließen… Wir würden spinnen, wenn wir nicht auch Netzwerke errichten würden, unsichtbare Sender, unsichtbare Empfänger, durch die Gedanken, durch die Sprache hindurch, überall sein können, weil jeder einen Atem hat, einen Körper, Bilder, Töne im Kopf, den Fluss des Blutes durchs Herz…“ (Die Alchemie der Utopie: S 187)
LICHT DES JETZT, AUF DIE ANTIKEN HIEROGLYPHEN
„In Ägypten sah ich, wie die Grabwächter mit Spiegeln das Licht der Sonne, i.e. das Licht des Jetzt, auf die antiken Hieroglyphen projizierten.“ (Die Alchemie der Utopie: S. 187)